Was mir so durch den Kopf geht #2
- info555080
- 25. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
FREIHEIT
Nun, Angela Merkel hat einen ganzen dicken Schinken über dieses Wort geschrieben. Das bekommt ihr von mir hier nicht. Eher ein paar persönliche Gedanken und Ansätze zu einem Begriff, der so inflationär und doch so elementar daherkommt, wie wohl kaum ein anderer Ausdruck in der heutigen Zeit. Vielleicht kann „LIEBE“ da noch mithalten.
Freiheit tritt laut Recherche in vier verschiedenen Versionen in Erscheinung:
individuell / persönlich
politisch
nach außen
frei von Not
Und schon beginnt es nicht einfach zu werden. Alles erscheint relativ, subjektiv, bzw. wird aus der Perspektive verschiedener Gesellschaften, mitsamt ihren Normen, Regeln, Moralvorstellungen und Ethik eingegrenzt und immer wieder neu interpretiert.
Was mich beschäftigt, ist die Frage nach künstlerischer Freiheit, bzw. was passiert, wenn ich mich künstlerisch ausdrücken möchte. Wie frei bin ich dabei? Was kann, darf ich machen? Wo gibt es Grenzen? Bin ich vogelfrei? Kann ich tun und lassen, was ich will? Oder setze ich mir selber Grenzen? Ziehe eine Linie, wo andere möglicherweise viel weiter gehen würden, noch lange keine Skrupel haben, wagen Dinge zu gestalten, sich zu entblößen und in Kauf nehmen, andere vor den Kopf zu stoßen, zu provozieren?
Freiheit ist meiner Meinung nach immer relativ. Ich bin in einer sehr freien Umgebung aufgewachsen. Klar gab es in unserer Familie Regeln, die meist von meinen Eltern gesetzt wurden. Dann kam die Schule hinzu, mit Lehrern, die uns verschiedene Möglichkeiten und Ansätze aufgezeigt und gelehrt haben. Im Sport gab es immer Regeln. Spielregeln. Richtlinien. Und dennoch habe ich hier gespürt, dass es Freiräume gibt, Möglichkeiten sich selber zu entdecken und einzubringen. Alles sind essenzielle Erfahrungen gewesen. Erkenntnisse, aus denen ich meine persönliche Interpretation von Freiheit abgeleitet habe. Dann kam der Tanz, später das Schreiben hinzu und meine Kreativität durfte sich entfalten. Mit all seinen Höhen und Tiefen.
Was beflügelt, was hemmt mich? Wo spüre ich eher eine Blockade, starr und unüberwindbar? Wo eröffnet es mir neue Perspektiven und Ansätze, um weiterzukommen, mich zu entwickeln, Wege zu gehen, die ich nicht erwartet habe, die meine Neugierde befeuern und eine Entdeckungstour auslösen?
Ich habe in meinem Leben sehr viele Entscheidungen gefällt und sie auch meist selber fällen dürfen. Und selbst, wenn andere über mich bestimmt, mich vor vollendete Tatsachen gestellt haben, hatte das aus meiner Sicht im Nachhinein meist auch etwas Gutes, denn es hat mich von manch einer Last befreit, von der ich mich selber wohl nur schwer gelöst hätte. Sei es aus zu wenig Leidensdruck, Existenzangst oder Verantwortung für andere.
In meiner aktuellen Situation fühlt es sich sehr gut an, den Fokus allein auf mich und meine näheren Umgebung lenken zu dürfen. Weniger Verantwortung für andere. Mehr Zeit und Kraft für mich, meinen Mann und meiner Familie. Zeit zum Schreiben, Gedanken über den Tanz zu formulieren, mit genügend Abstand und dennoch mittendrin.
Wenn ich kreativ bin, mich im Tanzstudio bewege, auf der Bühne agiere, mit meinen Fingern Texte in den Laptop hämmere oder einfach meinen Luftschlössern freien Lauf lasse, weiss ich, dass ich schlussendlich immer in einen Dialog treten möchte und auch werde (außer es bleibt in meinem stillen Kämmerchen verborgen). Es wird dann zu einem Dialog mit Betrachtern, Zuschauern, Lesern, einem kritischen Publikum. Sobald ich diesen Raum betrete, mich mit all diesen Menschen auseinandersetze, geht es um Senden und Empfangen, um Interpretationen, Leerstellen, Berührpunkte und Erwartungen.
Natürlich bewege ich mich dort in einem relativ freien Raum. Und dennoch weiß ich um Gesetzmäßigkeiten, und dass jeder Dialog ein einzigartiger ist. Sei es aus der individuellen Sicht jedes einzelnen Zuschauers heraus oder auf Grund meines persönlichen Empfindens bei jeder einzelnen Vorstellung.
Für meine Freiheit muss ich selber Verantwortung übernehmen, mir im Klaren sein, was ich einfordere und bereit sein, dies auch den anderen zuzugestehen und zu geben. Dabei geht es um Lebensform, Inhalte, Visionen und Träume.
Allein die Tatsache, dass ich all das, was ich reflektiere und über mich entdecken darf, mir hilft mich weiter zu entwickeln. Ich über diesen Weg selber bestimmen darf – sei es persönlich, privat oder in meinem Beruf. Das ist genau die Freiheit, für die ich weiterhin einstehe, die ich schützen werde und mir nicht nehmen lassen möchte.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein freies, entspanntes Wochenende.
Euer Jochen
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