Was mir so durch den Kopf geht #18
- info555080
- 22. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
METAMORPHOSE
Die Verwandlung. Ein Prozess. Ein unaufhaltsamer Vorgang, der einmal losgetreten keinen Rückwärtsgang besitzt. Wie schnell oder langsam er vorangeht, bleibt ein Geheimnis. Er geht voran, bis das vermeintliche Endstadium erreicht ist. Und selbst das wird nur eine Zwischenstation sein. Denn es geht immer weiter – sei es das Altern oder die nächste zu erklimmende Stufe.
Das Verwandeln, dieses sich Verändern bis in die tiefste Zelle hinein (so stelle ich es mir vor), beginnt an irgendeiner Stelle, muss einen Ausgangspunkt besitzen. Ein auslösendes Momentum. Eine hormonell bedingte Ausgangssituation wie bei Tieren, die dann verschiedene Stadien der Verwandlung durchlaufen. Oder Häutungen, die einzelne Abschnitte des Erwachsenwerdens einläuten. Aber auch die menschliche Veränderung der Persönlichkeitsstruktur stellt eine Metamorphose dar, die weniger äußerlich als innerlich geschieht – abgesehen von der obligatorischen Frisuren- und Typveränderung, die viele durchschreiten und als Einleitung einer neuen Phase betrachten.
Nun ist dieser Umzug, dieser „Bruch" mit dem Haus, der Umgebung, den gewohnten Routinen vor Ort, das Aufgeben meines Rückzugsortes und zweiten Heimatortes (nach dem Verkauf meines Elternhauses vor 15 Jahren wurde das Haus zu meinem neuen Lebenszentrum) eine Verwandlung. Und zwar auf allen Ebenen.
Am deutlichsten spüre ich dies am Verhalten meiner Hündin. Teils ruhelos, immer wieder meine Nähe suchend und dann doch nicht berührt werden wollend, immer auf der Suche nach einem sicheren Platz. Nur kurze Spaziergänge, um schnell wieder nach Hause zu wollen und zu überprüfen, ob auch alles noch beim Alten ist. Was es natürlich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr war, da das Haus entweder voller Boxen stand, Möbel verrückt wurden und sich Stück für Stück das Haus leerte.
Irgendwann habe ich sie dann nicht mehr mitgenommen, sie nur noch in der neuen Umgebung bewegt oder ruhen lassen, ihr Plätze geschaffen, an denen sie sich zurückziehen konnte, und Stück für Stück Routinen aufgebaut – beim Spazierengehen, der kurzen Gassi-Runde oder mit Schnüffel-Übungen in der neuen Wohnung.
Während also bei Bruni die Metamorphose bereits ihren Lauf genommen hat und sie sich an die neue Heimat und den neuen Lebensraum gewöhnen kann, sitzen mein Partner und ich gefühlt immer noch zwischen diesen beiden Welten gefangen. Wir haben zwar mittlerweile alles Wichtige und Große gezügelt und damit begonnen, unsere neuen Lebenswelten zu definieren und zu strukturieren, stehen aber noch immer vor zahlreichen unausgepackten Kisten. Wir ordnen fast täglich neu an, rücken Möbel, entsorgen noch das eine oder andere Teil – egal ob in der neuen Wohnung, im alten Haus oder im neu erkorenen Atelier im Turm (nein, kein Elfenbeinturm, ein wirklicher Turm). Wir warten auf Handwerker und Monteure, um das eine oder andere fertigstellen zu lassen und so als erste Option einer möglichen Anordnung zu manifestieren.
Das sind nur die äußeren Zeichen, die man rein physisch erfassen, sichtbar machen kann. Die inneren Unruhen, die Zweifel, aber auch die kleinen bis großen Erfolgserlebnisse, die Vergleiche mit dem Alten und dem Neuen, das Verdrängen von eventuellen Ungereimtheiten und das Aufplatzen von kumulierten Zuständen, die man so mit sich trägt und den richtigen Zeitpunkt verpasst hat, sie zu äußern, sich zu offenbaren. Oder man einfach zu viele Kompromisse zugelassen hat, sich dabei verliert und nicht mehr sicher ist, ob das alles wirklich Sinn macht.
Aber wir stecken mittendrin, ein Zurück gibt es nicht. Also den Blick nach vorne gewandt. Dem ganzen Tohuwabohu im engen Raum des Kokons ausgesetzt, in der Hoffnung, dass sich die Verwandlung bald vollzogen hat, um das Licht wieder zu sehen, das Leben wieder angehen zu können, wie eine geile Rennstrecke oder die Serpentinen hoch kurven wie bei einer Rallye. Mit Ausblick auf Höhen und Täler.
Nun, diese Metamorphose wird noch etwas andauern, aber irgendwie braucht es auch diese Phase, diese Intensität, dieses kräftezehrende und nervenaufreibende Auf und Ab und Durcheinander.
Jochen, herzlich






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