Was mir so durch den Kopf geht #22
- info555080
- 22. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
„Like/Dislike"
Heute habe ich mich wieder dabei ertappt, wie ich beim täglichen Surfen in den Social Media (bei mir meist Facebook und Instagram) bei einigen Posts einfach den „Like"-Button gedrückt habe, ohne dabei den Post bis zum Ende gelesen oder geschaut zu haben. Einfach, weil ich meine Aufmerksamkeit und Wahrnehmung anzeigen wollte.
Nicht, dass dies nicht ehrlich wäre, denn wenn mir etwas nicht gefallen würde, würde ich das weniger kundtun, sondern einfach weiterscrollen. Oder bei wirklichem Bedarf und Notwendigkeit, weil jemand aus dem nahen Freundes- oder Arbeitsumfeld etwas gepostet hat, das mich irritiert oder gar verstört hat. Hier würde ich die Person direkt ansprechen, den direkten Austausch suchen, und nicht über die offenen Kanäle eine Argumentation starten.
Nur, wenn es darum geht, das eventuell beworbene Produkt, wie eine Vorstellung, eine Veranstaltung schlussendlich zu besuchen oder z.B. ein Buch zu erwerben, ist bei mir auch schon meist Ende der Zuwendung. Nicht aus Desinteresse, sondern meist aus Zeitmangel, einem momentan nicht kleiner werdenden Buchstapel mit neuer Lektüre, der nicht kleiner werden will oder einfach zu großer örtlicher Distanz.
Daher darf es mich nicht wundern, wenn ich zwar zahlreiche Likes und Gratulationsposts und Rückmeldungen zu meinen eigenen Meldungen erhalte, aber bei weitem nur ein Bruchteil davon meinen Roman erworben haben. 1000 Likes und 100 Kommentare heißen noch lange nicht, dass ich dadurch 100 oder gar 1000 Bücher verkaufen werde.
Schön wär's.
Was mir hier meist fehlt, ist der konkrete Austausch. Einfach schnell einen Haken oder Emoji zu klicken, setzt zwar auch ein Zeichen, aber wie nachhaltig ist das Ganze? Inwieweit offenbart sich der Klicker hierbei selber? Bleibt doch alles an der Oberfläche und ist wie ein nichtssagender Kommentar nach einer Vorstellung, wenn man fragt, wie es einem gefallen hat: „... war nett ... hat mir gefallen ... nicht schlecht ... jaaa (und ein Kopfnicken) ... lass uns später darüber reden (was dann meist nie passiert) ..."
Sich in einer gewissen Anonymität zu befinden, bzw. keine physische, gegenwärtige Begegnung eingehen zu müssen, macht natürlich alles um einiges einfacher. Denn man umgeht den Konflikt. Kann es besser ignorieren. Das mögliche „ABER", das einem ins Gesicht oder gar in die Körperhaltung geschrieben steht, bleibt ungesehen. Wie hinter einer Tarnkappe.
Egal, ob nun mit meinem Roman, einer meiner Lesungen oder Tanzveranstaltungen, man hat das Gefühl auf Social Media zwar wahrgenommen zu werden, aber schlussendlich folgt selten der Schritt zum Besuch einer solchen oder eben beim Kauf des Buches. Ein Schulterklopfen und finde ich toll, dass du das jetzt machst, kann Motivation sein, eine Bestärkung im Vorhaben darstellen. Davon leben zu können, die ganze Aktion auf eine existenzielle Stufe zu bringen, ist aber weitaus mehr notwendig. Denn man muss die Menschen erreichen können. Sie in der wirklichen Welt anzutreffen ist ein wirklicher Gewinn.
Vielleicht sollten wir uns alle öfter fragen: Was steckt wirklich hinter unserem digitalen Applaus? Und noch wichtiger: Wann haben wir das letzte Mal einen Like durch eine echte Begegnung ersetzt? Viele Menschen, die zu meinen Lesungen kommen oder mein Buch kaufen, sind diejenigen, die den Schritt aus wirklichem Interesse oder aus der digitalen Komfortzone gewagt haben.
Sie sind es, die zeigen, dass echte Verbindungen immer noch möglich sind - auch in unserer Like-Button-Welt. Diese Form der Wahrnehmung und Auseinandersetzung ist nachhaltiger und bewirkt bei weitem mehr an ehrlichem Interesse und nachvollziehbaren Kettenreaktionen. Man spürt umgehend die Resonanz. Sie drückt sich nicht in Zahlen oder digitalen Erfolgen aus, sondern in einem Dialog menschlicher Natur.
Mit allen Sinnen.
Jochen, herzlich






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