Was mir so durch den Kopf geht #13
- info555080
- 22. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
ABSAGEN - und die Ernüchterung folgt sogleich
Es ist so eine Sache mit Absagen. Man fühlt sich gewappnet, weiß man doch um die schiere Unmöglichkeit, zum Kreis der Auserwählten zu gehören – zu diesem einen Bruchteil, der Unterstützung, Anerkennung und Zuwendung erfährt. Ein Gremium entscheidet über die Vergabe finanzieller Mittel, gewährt Zeit in künstlerischen Oasen inklusive Betreuung und lenkt somit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Begutachteten. Die Anderen – meist der weitaus größere Anteil – werden mit zweizeiligen Standardsätzen abgefertigt, unabhängig davon, wie knapp sie an einer Zusage vorbeigeschrammt oder weit entfernt davon sind. Die seltenen Feedbacks beschränken sich auf Floskeln, die einem so viel weiterhelfen wie ein Placebo.
In meinen jungen Jahren als Tanzschaffender durfte ich viel Förderung erfahren und wurde wirklich unterstützt. Muss aber auch dazusgane, dass ich mich über Jahre exzessiv reingehängt habe und nur für dne Tanz gelebt habe. Lange Zeit danach (oder besser dazwischen) war ich dann nicht mehr auf diese Form der Subventionierung angewiesen.
Für mich waren Zusagen immer auch ein Beweis meiner Leistungsfähigkeit und der Zuversicht, auf dem richtigen Weg zu sein. Gleichzeitig fühlte es sich seltsam an, mich in eine Abhängigkeit von Gremien und Erwartungshaltungen zu begeben. Demut spielte mit – es war und ist für mich nicht selbstverständlich, dass mir Menschen Geld für meine Kunst geben, insbesondere wenn es sie noch gar nicht gibt und das mögliche Ergebnis eher wie eine Fata Morgana am fernen Horizont wabert.
Inzwischen denke ich anders darüber. Seit ich mit dem Schreiben begonnen und es zu einem publizierten Roman gebracht habe, zahlreiche Lesungen stattgefunden haben und noch weitere kommen werden, steigen die Ansprüche an mich selbst. Mein nächster Roman soll mit anderer Ambition entstehen – und nicht wieder über vier Jahre dauern. Ab dem Sommer bin ich selbstständig und somit erst einmal freischaffend unterwegs. Zeit für neue Strukturen und gezielt gelenkten Fokus.
Nun hat mir meine jahrelange Arbeit als Theaterschaffender ermöglicht, zahlreiche Konzeptionen und Anträge erfolgreich zu realisieren. Also gehe ich davon aus, dass meine Anträge zur Unterstützung eines Schreibprojektes nicht laienhaft daherkommen. Ich kenne die Statuten und Richtlinien. Auch war ich selbst mehrfach Jurymitglied und habe Bewerbungen begutachtet – zwar im Tanz- und Theaterbereich, aber immer mit großem Respekt und größtmöglicher Objektivität. Anhand von Handwerkszeug, dramaturgischem Gespür und der Aussicht auf eine künstlerische Handschrift habe ich versucht, Personen zu fördern, die nachhaltige Karriereaussichten haben. Wenn mich jemand auf Rückmeldungen ansprach, war ich gewappnet und konnte es formulieren.
Umso schwerer fällt es mir, vor Absagen zu stehen, die ohne Begründung daherkommen. Die wenigen Worte drücken oberflächliches Bedauern aus und lassen mich in einem luftleeren Raum zurück, aus dem ich nicht schlau werde. Aktuell mehrfach mit meinem neuen Buch-Projekt geschehen.
Das Gute ist: Ich erhole mich schnell von diesen Momenten. Sie können nicht mehr auf meine Seele, meine Kreativität oder mein Ego zugreifen. Viele Jahre an Höhen und Tiefen haben mir eine Stärke gegeben, die mir niemand mehr nehmen kann. Denn Selbstreflektion und ein gutes Maß an Selbtkritik ist bei mir ausgeprägt vohrhanden.
Aber vielleicht ist das der eigentliche Gewinn:
Aus dem Scheitern erwächst eine Unabhängigkeit, die wertvoller ist als jede Förderung. Jede Absage schärft den Blick für das Wesentliche – die Kunst selbst, nicht ihre Anerkennung. Und das macht mich freier für das, was kommt. Denn wenn ich auf all das Erschaffene und Erreichte zurückblicke, mache ich mir keine Sorgen, den richtigen Ton zu finden.
Jochen, herzlichst






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