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"Tanz und das Alter/ 50+"

Das Bild älterer Menschen in der Gesellschaft und insbesondere in der darstellenden Kunst des Tanzes hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die Sichtweise und Akzeptanz ist viel offener geworden, die Beurteilung des Alters schwieriger. Der Übergang vom Junior zum Senior ist fließend und lässt sich nicht mehr nur anhand einiger weniger äußerer Attribute wie Aussehen, Kraft, Flexibilität, Technik, Ausdauer oder gar Fitness bestimmen.


Dennoch haben viele Tänzerinnen und Tänzer in meinem Umfeld das Gefühl, zum alten Eisen zu gehören, sich nicht mehr so bewegen und ausdrücken zu können, wie sie es früher taten. Sei es durch körperliche Einschränkungen, durch den eigenen inneren Erwartungsdruck oder durch fehlende Wertschätzung und Unterstützung von verschiedenen Institutionen und Förderern von außen. In der Folge sind sie oft nicht mehr in der Lage oder willens, diese Bedürfnisse selbst zu erfüllen und in die Tat umzusetzen.


In meiner Laufbahn habe ich zahlreiche Aufführungen gesehen, die von professionellen Tänzern im Alter von 40, 50 oder sogar 60 Jahren getanzt wurden. Sei es das NDT3, das Tanztheater Wuppertal, das Berliner Ensemble DanceOn oder die Wiederbelebung der Choreographie "Die Erde ist gewaltig schön..." von 1992 durch Judith Kuckarts Tanztheater Wuppertal, die dreißig Jahre später mit der alten Besetzung eine Wiederbelebung auf der Bühne erlebt hat.


Es gab Werke, die mich berührten und faszinierten, weil - manchmal offensichtlich, manchmal subtil - das Alter der Darsteller eine große Rolle bei der Entstehung und Aussage des Werkes spielte. Sei es wegen der reiferen Erfahrung, der nuancierteren Artikulation, des feineren Ausdrucks, des sicheren Gespürs für das richtige Timing oder der stringenteren Ausdruckskraft, die diesen Aufführungen innewohnt. Nicht immer in den Werken selbst, sondern vielmehr in der Präsentation und Ausführung, die den Stücken einen besonderen Reiz verliehen, den ich bei jüngeren Tänzern nur bedingt erlebt hätte.


Ich selbst gehöre seit ein paar Jahren zur Generation 50+. Der Wunsch, auf der Bühne zu stehen und nicht nur zu choreografieren oder zu unterrichten, sondern auch durch Performance und Tanz ein Statement zu setzen, ist ungebrochen. Trotzdem habe ich noch verschiedene Fragen:


- Was macht einen Tänzer 50+ besonders?


- Was macht den Unterschied aus, mit Künstlern in diesem Alter etwas für die Bühne zu kreieren, sie auf der Bühne tanzend zu erleben?


- Welche Themen treffen den Nerv der Zeit?


- Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal für uns "Senioren"?


- Wo verorte ich meine künstlerische Arbeit und meine Perspektiven?


- Warum tanze ich noch?


- Wovor könnte ich Angst haben?


Um sich als Künstler weiterzuentwickeln - gerade im Tanz mit 50+ - muss man seine eigenen Aussagen, die verwendeten Stilmittel und deren Relevanz kontinuierlich und selbstkritisch beobachten. In der heutigen Zeit sogar Aktualität und Einzigartigkeit. Das ist eine Herausforderung, die man bewältigen kann und sollte.


Also tanzt und kreiert weiter.


Bis bald und auf Wiedersehen!





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