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Was mir so durch den Kopf geht #9

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  • 25. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

 Über Bücher, Lesen und was wir daraus machen

 

Gerade lese ich das Buch „Club der Dilettanten" von Bettina Stangneth. Dabei behandelt sie das Thema, was das Schreiben, also das Verfassen von Texten, und das Lesen, das bewusste Aufnehmen von Informationen, Denkweisen, Perspektiven und Erlebnissen so alles mit sich bringt. Dabei geht es um vielerlei Aspekte: die dabei frei gesetzten Erfahrungen, die Macht des Wissens, das gezielte Einsetzen von Lesestoff oder die Zugänglichkeit und Manipulation, die durch die neuen Medien (insbesondere durch die Digitalisierung) und deren mittlerweile oft ungefilterten Aus- und Zugang.

 

Ich bin noch mittendrin und folge gebannt ihren Gedanken und philosophischen Ansätzen. Mir fiel dabei von Anfang an auf, dass das Schreiben und Lesen, überhaupt der Zugang zu diesen beiden Fähigkeiten, für die meisten von uns als etwas Alltägliches und Normales betrachtet wird. Natürlich gibt es Menschen, die hier Einschränkungen erleben, sei es aus physischen, mentalen oder anderen Gründen. Dies sei hier ganz klar festgehalten. Dennoch ist in unserem gesellschaftlichen System die Möglichkeit, Schreiben und Lesen zu erlernen, eine Grundsätzlichkeit und wird von klein an im Bildungskanon angeboten und vermittelt.

Die selektive Auswahl von Lektüre, das Öffnen oder Beschränken von Zugängen zu Inhalten bietet somit auch die Möglichkeit, in vielschichtiger Hinsicht Einfluss auf jeden einzelnen Menschen sowie auf ganze Bevölkerungsschichten, Nationen und Kulturen zu nehmen. Diese Macht ist enorm und hat sich in den letzten Jahrzehnten potenziert. Und zwar nicht unbedingt zum Guten.

 

Gerade nach den letzten Monaten in der deutschen Politiklandschaft, gerade vor und nach den zurückliegenden Wahlen, merke ich, wie sich Überschriften, kurze telegrammartige Nachrichtensprengsel und kaum noch zu eruierende, keinerlei Ursprungsnachweis möglichen Informationen breit machen. Man hat das Gefühl, der Niedergang sei nah und alles, was hier angepeilt wird, ist schon vom ersten Wort an zum Scheitern verurteilt, lässt einen desillusioniert zurück und wie bei einem nebulösen Blindflug keine Chance mehr, nach vorne zu blicken oder gar eine Orientierung zu haben.

Umso mehr sich also Verwirrung, Chaos und Unberechenbarkeit breitmachen, desto mehr dürstet es mich nach Information, Austausch und Eigeneinschätzung auf Augenhöhe. Nicht so einfach in diesen Zeiten und immer mit der Frage nach der Quelle, der Wahrheit und dem Anteil des Fiktiven behaftet.

 

Allein die Tatsache, dass ich hier mit meinem Newsletter mittlerweile fast fünfzig Personen erreiche, die ihn (laut Statistik) teils auch lesen, ich also somit nicht nur meine Gedanken, Erlebnisse und Sichtweisen an andere Menschen herantragen kann, sondern auch diese Personen (egal wie nah oder fern sie zu mir stehen) zu einem gewissen Grad sogar beeinflussen kann, wäre vor gut zwanzig Jahren auf diese indirekte Weise kaum möglich gewesen. Zumindest nicht auf diese schnelle und effiziente Weise und nicht in dieser Kompaktheit und zeitlichen direkten Erreichbarkeit. Wie es so schön heißt: "Lesen kann die Welt verändern."

 

Klar, kannst du dich entscheiden, ob du das von mir Geschriebene lesen willst oder dir mein Wortgesülze zu viel ist, auf den Nerv geht oder dich viel zu selten abholt oder gar berührt. Vielleicht wurde allein der eigenen Faulheit geschuldet, der Newsletter noch nicht abbestellt. Oder es fehlt dir einfach an der Zeit und Muße, sich meinen schriftlichen Ergüssen zu widmen, gar in einen Dialog zu treten und vielleicht sogar in einem Anflug von Diskussionsfreude mir zu antworten oder entgegen zu treten.

Das ist eben auch die Freiheit, einfach selber zu entscheiden, wieviel, wie lange und bis wohin, wohinein oder nur das Ende zu lesen ... und dann Entscheidungen zu fällen. Das ist das Los des Schreibenden, insbesondere in der heutigen Zeit, wo es so viel Zugänge, so viele Texte, so viele Quellen gibt, die man nicht mehr überblicken mag. Und so wie es Umberto Eco in einem Zitat beschreibt (von Bettina Stangneth als Einstieg in ihrem Buch zitiert) kann es einem dann auch ergehen:

 

Was aber geschieht, wenn der Leser irgendetwas ans Licht bringt, das der Autor nicht sagen konnte und niemals hätte sagen wollen und das dennoch der Text mit absoluter Klarheit auszusagen scheint?

 

In diesem Sinne, ein wunderbares Sinnieren über das eigene Schreiben, Lesen oder einfach Wahrnehmen der Welt.

 

Euer Jochen, herzlichst

 

„Club der Dillettanten“ / Bettina Stangneth

Rowholt Verlag / ISBN 978-3-498-00717-1

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