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Warum scheinen Tänzer immer verletzt zu sein?

Jeder denkt, dass Tänzer öfter verletzt als gesund sind. Aber die Wahrheit ist ein bisschen komplizierter.

Man muss sich vorstellen, dass man jeden Tag seinen Körper bis ins kleinste Detail als Instrument einsetzt. Jeder Muskel, jeder Knochen, jede Sehne und jede Nervenbahn wird beansprucht. Jeden Tag muss alles neu gestimmt werden und unabhängig von Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Luftdruck funktionieren. Das ist wie bei einem Klavier oder einer Geige.

Ganz zu schweigen von emotionalen und psychischen Zuständen. Resilienz und Flexibilität sind hier lebensnotwendig, um nicht bei jeder Kleinigkeit einzuknicken.

Während im Sport eine fehlende oder verminderte Leistung zu einem Misserfolg führen kann, der sich natürlich negativ auf die Mannschaft, die Ergebnisse, die Tabelle oder auch die wirtschaftlichen Aussichten auswirken kann, ist dies immer wieder verhandelbar. Verlieren gehört zum Sport.

Beim Bühnentanz ist der Ansatz ein anderer: Er bezieht alle Aspekte mit ein, dass der Ausfall eines Tänzers einen Rattenschwanz an Konsequenzen für alle Beteiligten nach sich zieht.  Mühsame Neueinstudierungen, künstlerische Anpassungen. Das zahlende Publikum will kein Kunstwerk sehen, das fehlerhaft, lückenhaft oder markiert präsentiert wird.

Eine kleine Unachtsamkeit, die falsche Hand ausgestreckt und der Tanzpartner stürzt zu Boden, weil nicht aufgefangen. Einmal in die falsche Richtung gelaufen, kann es zum Bodycrash kommen. Das Gleichgewicht ist nicht ausbalanciert und der Sturz unausweichlich.

Dass Tänzer oft über ihre Grenzen gehen, Verletzungen zunächst zu ignorieren scheinen oder sich selbst behandeln, hat meist damit zu tun, dass sie ihre Kollegen, die Choreografen und vor allem das Publikum nicht in Verlegenheit bringen wollen.

Haben Sie schon einmal einen Tänzer während einer Vorstellung erlebt, der so sehr in sich gekehrt ist, dass er nicht einmal mehr auf der Bühne zu sehen ist, während die Live-Stimme aus dem Off kommt?

Es ist ein Balanceakt für alle Beteiligten: Tänzer, Choreografen und Ensembleleiter.  Eine ganze Saison durchzuhalten, und das das ganze Jahr, von Trainingspausen wie im Hochleistungssport sind wir hier also weit entfernt, ist eine beachtliche Leistung. Und dennoch müssen Tänzer hier auch rechtzeitig die Notbremse ziehen dürfen, um ihrem Körper, Geist und Seele keine irreparablen Schäden zuzufügen.

Die heutigen Ausbildungen sind im Vergleich zu früher schon viel besser.


Wir bleiben dran.


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