Aktuell 2011
DER NUSSKNACKER
Ballett Theater Nordhausen (Dir. : Jutta Ebnother)
Premiere 07.10.2011 / Großes Haus Nordhausen
Theater Nordhausen läutet Vorweihnachtssaison ein
Waisenhaus statt Weihnachtsfreuden: Marie und ihr Bruder Fritz müssen kurz vor dem Fest ins Kinderheim. Da ist kein Platz für einen stattlichen Christbaum und ganz offensichtlich auch kein Geld. Aber Marie bekommt einen Nussknacker geschenkt, der ist ein Trost - und wenn Holz sich in Fleisch und Blut verwandelt, ist er sogar mehr als das.
Nordhausen. Tschaikowskys "Nussknacker" ist das klassische Weihnachtsmärchenballett schlechthin. Der Komponist nahm sich Freiheiten mit E.T.A. Hoffmanns Erzählung
"Nussknacker und Mausekönig", und Jochen Heckmann, der das Ballett am TheaterNordhausen choreografiert, nimmt sich weitere. Er erzählt die Geschichte völlig neu; nicht nur der
Schauplatz ist ungewohnt, auch Maries Ängste sind andere. Heckmann verwebt die Tristesse des Waisenhauses, dessen garstige bis gehässige Bewohner Marie das Leben schwer
machen, mit den Traumbildern des Mädchens eine Verknüpfung, die ihre eigene Magie entfaltet.
Dass das Experiment gelingt, verdankt sich nicht allein der Choreografie, sondern auch den Tänzern, insbesondere der Hauptdarstellerin. Irene López Ros, seit fünf Jahren Mitglied der Nordhäuser Ballettkompanie, tanzt Maries Part nicht nur in poetischen Soli, sie spielt ihn auch überzeugend, mit ausdrucksstarker Mimik.
Der zum Leben erwachte Nussknacker (David Roßteutscher) bereichert die im Kern klassischen Pas de deux mit akrobatischem Körpereinsatz. Und Onkel Drosselmeyer, der mysteriöse Strippenzieher in Schwarz und Grün (Kostüme: Adriana Mortelliti), hat dank Thiago Fayad eine anheimelnd unheimliche Ausstrahlung. Der düstere Drosselmeyer im Kontrast zum kindlich-eifrigen Nussknacker, das ist sehr nahe bei E.T.A. Hoffmann; hier liefert Heckmann ein schönes Beispiel dafür, wie sich ein Regisseur den Originaltext und dessen Stimmung anverwandeln kann, gerade indem er ihn fantasievoll umspielt.
Der Choreograf, der auch die schlichten,
aussagekräftigen Szenerien gestaltet hat, lässt es im 2. Akt heftig schneien auf der Bühne, aber er kommt ohne Zuckerguss aus. Selbst wenn er die Waisenhaus-Kinder etwas zu langatmig und in etwas
zu putzigen Bildern über die Kinderzimmerbetten tollen lässt, gerät das Stück nicht in Kitschgefahr; im Hintergrund bleibt stets das dunkle Rätsel, das Maries Träumen
innewohnt. Heckmann, auch das ist sympathisch, liefert keine Auflösung, er zieht keine Linie zwischen Traum und Realität. Er lässt den Kinder-Fantasien ihren Lauf: Maries Bruder
Fritz (Auke Swen) trumpft als Superman auf - und wer sagt eigentlich, dass nicht auch Jungs davon träumen, mal ein zartes Schneeflöckchen zu sein?
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"DER NUSSKNACKER" fand
begeisterte Aufnahme
Am Samstag hatte
nnz-online im Zusammenhang mit der „4.Langen Nacht der Wissenschaften“ über den Vortrag des Tenors Joshua Farrier im Theater unterm Dach berichtet. Er verstand es dabei, neugierig auf das Ballett
„Der Nussknacker“ zu machen, dessen Premiere kurz darauf im großen Saal des Theaters folgte.
Dabei richtete sich diese Neugier vor allem auf die gebotene Version, denn deren Zahl ist inzwischen ja fast unübersehbar und vom jeweiligen Choreografen abhängig. Farrier hatte u.a. von atemberaubenden Sprüngen und der Ästhetik des Ballett-Tanzes gesprochen, dabei allerdings ganz allgemein die erreichbaren Spitzenleistungen der Akteure gemeint. Als er von der Virtuosität großer Gesangstimmen sprach und Vergleiche zog.
Im „Nussknacker“ bleiben die TänzerInnen im wesentlichen auf dem Boden, beeindrucken dabei allerdings durch Harmonie, Gestik und mitunter auch tänzerische Akrobatik. Nun gilt ja das Ballett „Der Nussknacker" bekanntlich als der Weihnachtsklassiker par excellence. Es geht in der hier von Jochen Heckmann choreografierten Geschichte um das Mädchen Marie und ihren Bruder, die unversehens nach dem Tod der Eltern in ein Waisenhaus kommen und sich in einem recht tristen Zimmer mit einigen Betten und Mitbewohnern gleichen Alters zurechtfinden müssen. Das gelingt Bruder Fritz (Auke Sven) relatv leicht, während sich Marie (Irene López Ros) recht schwer tut.

Zunächst wirkt sie wie ein zickiges, trotziges Mädchen, das sich den etwa gleichaltrigen Zimmerbewohnern verschließt, auf die sie trifft. Bis sich abzeichnet, dass sie sich nur passiv wehrt gegen deren vermeintliche Zudringlichkeiten. Die Ausstattung des Zimmers tut ein übriges, um frustrierend zu wirken.
Nun ist aber Weihnachtszeit und das Zimmer wird verschönt durch das Hinzukommen von Frau Stahlbaum (Fumiko Okusawa), der Hausdame, die einen bescheidenen Weihnachtsbaum ins Zimmer stellt. Und einer Geschenkkiste, die Onkel Drosselmeyer (Thiago Fayad), eine zunächst jedenfalls wenig Vertrauen weckende Erscheinung, mitbringt. Sein Inhalt in Form von Stoffpuppen und -tieren verteilt er passend für jedes unter den Zöglingen
Für Marie gibt es einen Nussknacker aus Holz. Und damit vollzieht sich in dem Mädchen eine Wandlung, die wohl Jung und Alt im Publikum in ihren Bann zieht.Und das sicher nicht nur in Nordhausen. Obwohl diese Wirkung hier wie auch anderswo vornehmlich vom mimischen und tänzerischen Verhalten des mit dieser Figur beschenkten Mädchens abhängt. Und danach natürlich auch von den sie umgebenden TänzerInnen
Marie nämlich wird durch diesen kleinen Nussknacker in eine phantasievolle Vorstellungswelt entrückt, die sie wünschen lässt, die kleine Holzfigur möge doch richtig Gestalt annehmen. Und tatsächlich gerät Marie in ihren Vorstellungen an die Seite eines leibhaftigen, geheimnisvollen Nussknackers (David Roßteutscher) mitten im Kampf um die verzauberte Nuss, die von der Mausekönigin unlängst geraubt wurde.

Die Handlung gewinnt im weiteren Verlauf zunehmend an an Phantasie, Tempo, Spannung, aber auch Humor. Der Nussknacker schlägt, wie das Programm verkündet, die Puppen in die Flucht und Marie taucht mit ihm gemeinsam in eine Schwindel erregende Welt ein.
Spielte sich die Handlung bis dahin mit seinem Weihnachtserleben im Waisenhaus selbst ab, verläuft sie im zweiten Akt nicht weniger turbulent in der Öffentlichkeit. Während einerseits von den Zöglingen Schnee mit Schaufeln geräumt wird – es ist ja Winter - belustigen sich andere mit den verschiedensten Fortbewegungsmitteln, Rollschuhen, Fahrrad und Rollern. Danach wechselt die Szenerie wieder ins gewohnte Zimmer, in dem Marie ihren Traum weiter träumte.
Das Erwachen wirkt zwar ernüchternd, aber nun kann sie sich doch besser mit ihrer Umgebung, neben den anderen Kindern, Onkel Drosselmeyer und Frau Stahlbaum zurechtfinden. Irgendwie bewahrheitet sich damit wieder einmal, dass im Märchen unsere Träume ihre Feste feiern. Märchen sind aber auch ein Prüfstand für die Wirklichkeit, in der wir leben, und für die Realität, mit der wir leben müssen.
Stets verbindlich und versöhnlich wirkt und wird die gesamte Handlung von Tschaikowskys Musik inspiriert und begleitet, hat er doch gerade dieses Stück so komponiert, dass die Musik wie ein zusammengehöriges Ganzes wirkt: die einzelnen Teile waren aufeinander abgestimmt und griffen ineinander, Melodien wiederholten sich. Interpretiert vom Loh-Orchester, unter der Leitung von Kapellmeister Alexander Stessin, war die Musik spannungsgeladen und passte immer zur Atmosphäre.
Der Berichterstatter wäre mit einer Rezension dazu überfordert, galt doch seine Aufmerksamkeit und Konzentration mehr der Handlung und den Akteuren. Auch das Publikum dürfte mitunter ob den Turbulenzen den Atem angehalten haben und spendete schon nach einzelnen Szenen Beifall, der sich nach Ende der Aufführung fast ins Frenetische steigerte und lange anhielt.
Julius Seifert
Dabei richtete sich diese Neugier vor allem auf die gebotene Version, denn deren Zahl ist inzwischen ja fast unübersehbar und vom jeweiligen Choreografen abhängig. Farrier hatte u.a. von atemberaubenden Sprüngen und der Ästhetik des Ballett-Tanzes gesprochen, dabei allerdings ganz allgemein die erreichbaren Spitzenleistungen der Akteure gemeint. Als er von der Virtuosität großer Gesangstimmen sprach und Vergleiche zog.
Im „Nussknacker“ bleiben die TänzerInnen im wesentlichen auf dem Boden, beeindrucken dabei allerdings durch Harmonie, Gestik und mitunter auch tänzerische Akrobatik. Nun gilt ja das Ballett „Der Nussknacker" bekanntlich als der Weihnachtsklassiker par excellence. Es geht in der hier von Jochen Heckmann choreografierten Geschichte um das Mädchen Marie und ihren Bruder, die unversehens nach dem Tod der Eltern in ein Waisenhaus kommen und sich in einem recht tristen Zimmer mit einigen Betten und Mitbewohnern gleichen Alters zurechtfinden müssen. Das gelingt Bruder Fritz (Auke Sven) relatv leicht, während sich Marie (Irene López Ros) recht schwer tut.

Zunächst wirkt sie wie ein zickiges, trotziges Mädchen, das sich den etwa gleichaltrigen Zimmerbewohnern verschließt, auf die sie trifft. Bis sich abzeichnet, dass sie sich nur passiv wehrt gegen deren vermeintliche Zudringlichkeiten. Die Ausstattung des Zimmers tut ein übriges, um frustrierend zu wirken.
Nun ist aber Weihnachtszeit und das Zimmer wird verschönt durch das Hinzukommen von Frau Stahlbaum (Fumiko Okusawa), der Hausdame, die einen bescheidenen Weihnachtsbaum ins Zimmer stellt. Und einer Geschenkkiste, die Onkel Drosselmeyer (Thiago Fayad), eine zunächst jedenfalls wenig Vertrauen weckende Erscheinung, mitbringt. Sein Inhalt in Form von Stoffpuppen und -tieren verteilt er passend für jedes unter den Zöglingen
Für Marie gibt es einen Nussknacker aus Holz. Und damit vollzieht sich in dem Mädchen eine Wandlung, die wohl Jung und Alt im Publikum in ihren Bann zieht.Und das sicher nicht nur in Nordhausen. Obwohl diese Wirkung hier wie auch anderswo vornehmlich vom mimischen und tänzerischen Verhalten des mit dieser Figur beschenkten Mädchens abhängt. Und danach natürlich auch von den sie umgebenden TänzerInnen
Marie nämlich wird durch diesen kleinen Nussknacker in eine phantasievolle Vorstellungswelt entrückt, die sie wünschen lässt, die kleine Holzfigur möge doch richtig Gestalt annehmen. Und tatsächlich gerät Marie in ihren Vorstellungen an die Seite eines leibhaftigen, geheimnisvollen Nussknackers (David Roßteutscher) mitten im Kampf um die verzauberte Nuss, die von der Mausekönigin unlängst geraubt wurde.

Die Handlung gewinnt im weiteren Verlauf zunehmend an an Phantasie, Tempo, Spannung, aber auch Humor. Der Nussknacker schlägt, wie das Programm verkündet, die Puppen in die Flucht und Marie taucht mit ihm gemeinsam in eine Schwindel erregende Welt ein.
Spielte sich die Handlung bis dahin mit seinem Weihnachtserleben im Waisenhaus selbst ab, verläuft sie im zweiten Akt nicht weniger turbulent in der Öffentlichkeit. Während einerseits von den Zöglingen Schnee mit Schaufeln geräumt wird – es ist ja Winter - belustigen sich andere mit den verschiedensten Fortbewegungsmitteln, Rollschuhen, Fahrrad und Rollern. Danach wechselt die Szenerie wieder ins gewohnte Zimmer, in dem Marie ihren Traum weiter träumte.
Das Erwachen wirkt zwar ernüchternd, aber nun kann sie sich doch besser mit ihrer Umgebung, neben den anderen Kindern, Onkel Drosselmeyer und Frau Stahlbaum zurechtfinden. Irgendwie bewahrheitet sich damit wieder einmal, dass im Märchen unsere Träume ihre Feste feiern. Märchen sind aber auch ein Prüfstand für die Wirklichkeit, in der wir leben, und für die Realität, mit der wir leben müssen.
Stets verbindlich und versöhnlich wirkt und wird die gesamte Handlung von Tschaikowskys Musik inspiriert und begleitet, hat er doch gerade dieses Stück so komponiert, dass die Musik wie ein zusammengehöriges Ganzes wirkt: die einzelnen Teile waren aufeinander abgestimmt und griffen ineinander, Melodien wiederholten sich. Interpretiert vom Loh-Orchester, unter der Leitung von Kapellmeister Alexander Stessin, war die Musik spannungsgeladen und passte immer zur Atmosphäre.
Der Berichterstatter wäre mit einer Rezension dazu überfordert, galt doch seine Aufmerksamkeit und Konzentration mehr der Handlung und den Akteuren. Auch das Publikum dürfte mitunter ob den Turbulenzen den Atem angehalten haben und spendete schon nach einzelnen Szenen Beifall, der sich nach Ende der Aufführung fast ins Frenetische steigerte und lange anhielt.
Julius Seifert