Dieser wunderbare Klang. Diese feinen Verschiebungen einzelner Stimmen. Fein justierte aufeinander liegende Kanons und Codas. Themenvariationen, die Schicht für Schicht eine komplexe und treibende Kraft entwickeln. Wie ein Sommerwind, der Wolken vor sich hertreibt und sie mit den verschiedensten Düften durchtränkt. Schließlich rieselt alles wie ein warmer Regen auf die Erde nieder, bestäubt alles und Aromen entfalten sich, breiten sich aus und wollen nur gefallen...
Händel‘s Musik in den Concerti grossi wirkt nie mächtig. Man gerät nie in Gefahr von den hunderten von Tönen erschlagen zu werden. Eine Musik aus einem Guss, die mich jedes Mal in ihren Bann zieht. Es kribbelt überall. Ich möchte mich bewegen, dazu tanzen, die Musik interpretieren und meine eigene Stimme dazu finden.
Wir hatten nun schon mehrere eineinhalbstündige Proben und gestern habe ich das Grundmaterial fertig gestellt. Die erste Sequenz mit kleiner Intro steht und ich glaube ich werde der Musik einigermaßen gerecht. Das klingt wie eine Rechtfertigung, denn irgendwie glaube ich nicht, dass man mit einem choreografischen Tanzstück manch ein Wunderwerk der Musik erreichen kann. Ich möchte hier nicht verallgemeinern, aber es gibt gewisse Musikwerke, die eine solche „Dominanz/Präsenz“ haben, dass es selten gelingt ihnen noch eine weitere (notwendige, sinnvolle oder gar künstlerisch wertvolle) Ebene hinzufügen zu können.
Vielleicht ist es hier etwas einfacher, da die Musik weniger Gefühle transportiert, sondern viel mehr Energien und Dynamik vermittelt. Der Tanz soll seine Eigenständigkeit behalten, seine eigenen Bilder, wie in einem Kaleidoskop entfalten können. Es bleibt spannend, denn die Tänzerinnen sollen genau diese Vielseitigkeit und Duftigkeit der Musik transparent machen.
Morgen ist vorerst einmal Pause bis in den Februar hinein und ich werde sehen, was sich in den nächsten vier Wochen bei den Tänzerinnen tut, was hängen geblieben ist und was sich bei mir weiterhin entwickelt.
Es ist spannend - jedes Mal von Neuem...
J.H.
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